Ballistische Paradoxa
Von C. Cranz und K. Scheel in Berlin
Inhalt: Es werden einige Erscheinungen der praictischen Ballistilc zusammengestellt, die allgemein bekami sind, aber eine quantitative theoretische Behandlung bis jetzt niel,t gefunden haben.
Die folgenden Zeilen, deren wissenschaftlicher Zweck sogleich nachher angeführt werden soll, beabsichtigten wir gemeinschaftlich unserem Freunde F, Kurlbaum-Berlin anläßlich seines 70. Geburtstages zu widmen, als Ausdruck unserer persönlichen Verehrung für ihn und unseres Dankes für die mannigfachen Anregungen, welche er seit vielen Jahren seinen Fachgenossen und so auch uns beiden auf den verschiedensten Gebieten der angewandten Physik in selbstloser und liebenswürdiger Weise gegeben hat. Durch den allzufrühett Tod unseres Freundes wird jetzt dies Widmuugsblatt zu einem Gedenkblatt.
Zu denjenigen Aufgaben ‘der angewandten Physik, die Kuribaum in aller Stille und ohne viel darüber zu veröffentlichen besonders gerne und erfolgreich gepflegt hat, gehören die Fragen der biologischen Physik und die Fragen der praktischen Ballistik. Schon vor dem Kriege hat er, als langjiihriger stellvertr. Vorsitzender der Versuchsanstalt für Handfeuerwaffen in BerlinHalensee und auch als passionierter und sehr erfahrener Weidmann, Veranlassung gehabt, sich mit schießtechnischen Problemen zu beschäftigen. Und während des Kriegs, wo er sich frühzeitig der Artillerie-Prüfnngs-Kommission zur Verfügung stellte, hat der Hauptmann d. L. Kurlbaum als Referent bei dieser Kommission, in Zusammenarbeit mit Hagen (t) und mit dem einen von uns beiden, auf den Schießpltttzen ftn Kummers- dorf und von Jtiterbog, sowie an den Stranddünen von Ostende viele Schieflversnche samt den zugehörigen photographischen Aufnahmen, Messungen und Berechnungen durchgeführt.
Aus diesem Gebiet der praktischen Ballistik mögen hier einige Erscheinungen kurz zusammengestellt werden, die in gewissem Sinne als Paradoxien bezeichnet werden können. Diese Erscheinungen sind jetzt zum Teil ziemlich allgemein bekannt; in der Ballistik sind sie in qualitativer Hinsicht erklärt, oder es ist wenigstens ihre richtige qualitative Erklärung wahrscheinlich gemacht. Aber eine quantitative theoretische Behandlung haben sie sämtlich bis jetzt nicht gefunden; für die theoretischen Physiker, insbesondere für die Vertreter der Plastikodynainik dürfte es vielleicht eine lohnende Aufgabe sein, die eine oder andere dieser Erscheinungen einer mathematischen Untersuchung zu unterziehen. Hierzu eine Anregung zu geben, ist der Zweck dieses kurzen Aufsatzes.
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Zeitschr. f. techn. Physik
i. Man sollte natürlicherweise erwarten, daß ein Gewehrgeschoß, z. 13. das 5-Geschoß von Sgo in/sec Mundungsgeschwindigkeit, in Erde und Sand am tiefsten in der Nahe der Gewehrinündung eindringt, also da, wo das Geschoß noch seine größte Geschwindigkeit besitzt. Tatsächlich aber hat die Eindringungstiefe eines Stahiman telgeschosses ihr Maximum nicht nahe der Mündung, sondern in größerer Entfernung davon. Z. 13. ist diese Eindringungstiefe für das französische Infanteriegeschoß, nach Versuchen aus dem Jahr 2900, auf den Entfernnngen 10, 40, 100, 200, 300, 400, 500 m von der Mündung: in Sand bzw. ix, r8, 32, 45, 46, ‘ 40 cm, somit Maximum in etwa 300 m Entfernung; in Gartenerde bzw. 25, 39, 62, 73, 77, 73, 67 cm, also Maximum ebenfalls in etwa
300 m Entfernung (dagegen liegt bei Einschießen in Tannenholz das Maximum in der Nähe der Mündung, Eindringungstiefe bzw. 90, 82, 70, 6o, 56, 53, 50 cm).
2. Daß bei einem einzelnen Schuß mit einem Gewehr oder Geschütz, aus dem ein einziges Geschoß mit einer die Schallgeschwindigkeit wesentlich übersteigenden Mündungsgeschwindigkeit verfeuert wird, von einem Beobachter, welcher sich in größerer Entfernung von der Mündung in der Nähe der Schullebene befindet, nicht nur ein Knall, sondern mehrere voneinander deutlich unterscheidbare, um Zeitabstände von mehreren Sekunden aufeinander folgende Knalle gehört werden können, war zu Beginn des Krieges für viele Frontkämpfer ein,e sehr auffallende Erscheinung. Ubrigeus ist schon 1887 von E. Mach diese Erscheinung mit der knallenden Kopfwelle richtig gedeutet worden, Wenn es sich um ein Artillerie-Explosiv- geschoß mit Aufschlagszünder und großer Anfangs- geschwindigkeit handelt, kann je nach der Stellung des Beobachters und je nach der Krümmung der Flugbahn der Geschoßknall ein bis zweimal vernommen werden; darauf folgt in einem bestimmten Abstand der Geschützknall, endlich der Expiosionsknall, so daß unter Umständen, auch ohne Echo. wirkung an einem Waldrand oder einer Felswand, 3 bis 4 Knalle desselben Schusses gehört werden können. Jetzt ist die Kenntnis dieser Erscheinung des mehrfachen Knalles ziemlich Allgemeingut geworden; man weiß, daß zur Schallmeßerkundung der Stellung eines feindlichen Geschützes, z. B. bei Anwendung des Zeitunterschiedverfahrens, auf drei verschiedenen Stationen A, 3, C die Zeitunterschiede gemessen wurden, um welche der Geschtitzknall früher in A und in 13 ankommt als in C und daß ein Vorwarner den richtigen Knall ankündigt; ein Gymnasiallehrer, der im Geometrieunterricht die Kreisherührungsaufgaben behandelt, wird das Interesse seiner Schüler in wirksamer Weise wecken, wenn er diese Verwendung des Apollonischen Problenis in dr Kriegspraxi erlilutert, Hier ist diese Erscheinung, die im Anfang des Kriegs zu den Paradoxien des Schießwesens zu zählen war, nur angeführt, um zu betonen, daß bei der durch die Artillerieprüfungskommission bewirkten Entwicklung der betreffenden Methoden im deutschen Heere während des Weltkrieges auch Kurlbauin wesentlich mitgewirkt hat.
Bei diesem Anlaß möge noch erwähnt werden, daß schon bei Herodot von einer Schallerkundung der feindlichen Stellung, natürlich in sehr viel einfacherer Form, zu lesen ist; Herodot, deutsch von Job. Goldhagen (r76), Nr. rgo, 5. 376.
3. Eine stählerne Panzergranate mit gehartetem Geschoßkopf durchschl‘dgt, so wird man zunächst vermuten, um so leichter einen Stahlpanzer, je spitzer der Geschoßkopf ist. Aber wenn die Spitze der Granate mit einer Kappe aus Schmiedeeisen oder weichem Stahl versehen wird, so dringt ein solches, vorne stumpfes „Kappengeschoß“ leichter in den Panzer ein, als die gewöhnliche Granate ohne Kappe. In R. Wille, Waffenlehre, Berlin r8g6, 5. 492 sind z. 3. 20 Schießversuche angeführt, bei denen senkrecht oder nahezu senkrecht gegen drei gehärtete Stahlplatten von 152 mm Dicke, einerseits mit gewöhnlichen Panzergeschossen, andererseits mit Kappengeschossen auf dem Schießplatz von Ochta 1894 gefeuert worden ist. Gegen die erste Platte wurden 6 Schüsse mit einer Auftreffgeschwindigkeit von etwas über 500 in/see ausgeführt, und zwar 4 Schüsse mit Kappengeschossen, 2 Schüsse mit gewöhnlichen Panzergranaten ohne Kappe. Die letzteren Geschosse durchschlugen die Platte nicht, sondern zerschellten an der Platte. Die vier Kappengeschosse durchschlugen den Panzer sämtlich mit Energieüberschuß; zwei von den Kappengeschossen fanden sich unbeschädigt in 213 in bzw. 1400 m Entfernung hinter der durchschossenen Platte vor; das dritte Kappengesehoß war nach dem Durchschlagen der Platte in Stücke gegangen; das vierte Kappengeschoß wurde nicht aufgefunden. Ähnlich waren die Ergebnisse mit den beiden anderen Platten.
4. Wie wirkt ein kräftiges Einölen des Gewehrlaufes auf die Mündungsgeschwindigkeit des Geschosses? Wird ein modernes Infanteriegeschoß, z. 13. das 5-Geschoß, bei stets der gleichen Pulver- ladung mit einer größeren oder kleineren Geschwindigkeit den Lauf verlassen, wenn der Lauf geölt ist, als wenn er nicht geölt ist? Noch in neuerer Zeit wurde von seiten eines l3allistikers, offenbar lediglich auf Grund von theoretischen Er. wägungen, folgendermnßen geschlossen: In der Pulverladnng ist eine bestimmte Energiemenge enthalten. Der Widerstand, den das Geschoß bei seinem Durchgang durch das. Rohr infolge der anfänglichen. Einpressung in die Züge und weiterhin infolge des Zugwiderstandes und der Reibung ohne Einölen des Laufs erfährt, beträgt anfangs
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etwa 570, späterhin etwa 220 kg pro i cm2 des Geschoßquerschnitts. Wenn also durch das Ein- ölen diese Widerstände stark herabgesetzt werden, so wird ein größerer Teil der in der Pulverladung enthaltenen Energie der Trauslationsenergie des Geschosses zugute kommen; die Mündungsgeschwindigkeit des Geschosses muß größer werden. Tatsächlich ist das Umgekehrte der Fall. Zahlreiche Messungen mit dem Gewehr M/g8 und dem SGeschoß haben ergeben, daß die Mündungsgeschwindigkeit des Geschosses, die bei nicht geöltem Lauf Sgo in/sec betrügt, infolge von Einölen des Laufs, je nach der Starke des Einölens, um 30/0 bis 8°/ sich verminderte. Zugleich sank der maximale Gasdruck (normal etwa 3500 Atm) um 7 0/ bis g0/ Ahnlich wie Einölen wirkt Einbringen von Graphitpulver.
5. Gefahren der sogen. Hohiladung: Angenommen, es sei in einem Gewehrlauf aus irgendeinem Anlaß das Geschoß stecken geblieben, sei es in der Mittte, sei es am Ende des Laufs; es handle sich darum, das Geschoß aus dem Lauf zu entfernen. Man wird vielleicht geneigt sein, dies einfach dadurch zu bewerkstelligen, daß man das Geschoß mittels einer blinden normalen Ladung, also ohne Verwendung eines weiteren Geschosses, herauszuschießen sucht. Denn — so wird man zunächst scheinbar richtig folgern — den Pulver- gasen steht in diesem Fall gleich von Anfang ab ein weit größerer Raum innerhalb des Rohrs zu ihrer Ausbreitung zur Verfügung, als bei dem normalen Schuß, wo das Geschoß sich noch in der
Patronenhülse befindet; folglich muß der maximale Gasdruck ein weit niedrigerer sein, als beim normalen Schuß mit der gleichen Pulverladung. In Wirklichkeit aber wird der Gasdruck ein so hoher, daß vielfach eine Rohraufbauchung die
Folge ist; und zwar tritt eine solche dann meist unmittelbar hinter dem Boden des stecken gebliebenen Geschosses oder hinter einem im Rohr befindlichen Fremdkörper auf, Versuche in dieser
7 Hinsicht hat insbesondere A. P r e u 5 angestellt.
6. Eine kleine Stahlkugel, senkrecht gegen eine gehärtete Stahlplatte geworfen, springt bekanntlich in umgekehrter Richtung zurück, also nach dem Werfenden zu. Wenn ein Stahhnantelgeschoß, wie z. B. das S-Geschoß, senkrecht gegen eine sehr gut gehärtete kräftige Stahlplatte geschossen wird, an welcher das Geschoß vollständig zersplittert, ohne die Stahlplatte zu verletzen, so sollte man erwarten daß die Stahlsplitter sämtlich oder zum größten Teil nach dem Gewehr hin zurückfliegen. In Wirklichkeit springen höchstens vereinzelte Splitter zurück. Die Hauptmasse der Stahlsplitter geht mit großer Geschwindigkeit quer
zur Schußrichtung ab; und zwar fliegen die Splitter fast genau in der Vorderebene der Platte nach der Seite. Es läßt sich diese Erscheinung beZeitschrift fUr technische Physik, sonders gut beobachten bei der Messung der Anfangsgeschwindfgkeit des Geschosses mittels des Bouleng-Zeitmessers, wobei der erste Strom des Zeitmessers durch Zerreißen eines dünnen Neu-. silberdrahts beim Durchgang des Geschosses durch die Gewehrmtindung und der zweite Strom durch die Offnung eines Kontaktes beim Auftreffen des Geschosses auf eine stählerne Kontaktscheibe, die in 50 in Entfernung von der Mündung vertikal aufgehängt ist, unterbrochen wird. Zweckmäßig ist dabei die Kontaktscheibe zum Schutz der Bedienungsmanuschaft gegen die seitlich abfliegenden Stahlsplitter mit einem Holzkasten umgeben; in der Vorderwand dieses Kastens befindet sich ein Loch, durch welches hindurch das Geschoß gegen die Stahlplatte fliegt. Nach einer größeren Anzahl von Schüssen findet man die Seitenwände dieses Holzkastens, rechts und links, oben und unten, durch die Stahlsplitter zersägt, und die betreffenden, ziemlich schmalen Sägerinnen liegen fast genau in der Vorderebene der Stahlplatte. Die Ursache dieses seitlichen Abspringens der Splitter ist nicht in der Zentrifugalkraft des rasch rotierenden Geschosses zu suchen (Umdrehungszahl etwa 4000 pro Sek.); denn wenn man mit demselben Geschoß und derselben Anfangsgeschwindigkeit aus einem glatten, nicht gezogenen Lauf schießt, tritt die Erscheinung unvermindert auf.
7. Der Lauf eines Gewehres erwärmt sich bekanntlich heim Schuß. Wird der Lauf, wenn man mit blinder Ladung, d. h. ohne Geschoß, schießt, sich mehr erwärmen oder weniger erwärmen, als wenn man mit scharfer gleicher Ladung, d. h. mit Geschoß feuert? St. Robert glaubte früher für Schwarzpulver gefunden zu haben, daß bei blinder Ladung der Lauf eine höhere Temperatur annehme, als bei gleich großer scharfer Ladung; und er erklärte dies damit, daß in beiden Fällen die Explosionstemperatur des Pulvers und die in der Pulverladung enthaltene Energiemenge dieselbe sei und daß daher, wenn ohne Geschoß, aber mit gleicher Pulverladnnggeschossenwerde,kein Energie- anteil auf die Geschoßbeschleunigung, folglich ein um so größerer Anteil auf die Erwärmung des Rohres verwendet werde. Thermoelektrische Messungen an einem Mausergewehr M/7 i (mit Schwarzpulverladung) ergaben jedoch gerade das Umgekehrte: in der Gegend des Visiers trat eine Temperaturerhöhung des Laufs von 2,1 C bei,
blinder Ladung, dagegen eine Temperaturerhöhungt $ von 3,40 C pro Schuß bei Anwendung von scharfer - -
Ladung auf. Ahnliches fand sich in der Mitte des Laufs und an der Mündung.
8‘. Schießt man mit dem S-Geschoß in einen mit Wasser gefüllten längeren Holzkasten einige Zentimeter unterhalb der Wasseroberfläche horizontal ein, so springt das Geschoß entgegen der Erdschwere nach oben heraus. Dasselbe ist der
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Fall, wenn von oben her unter einem kleinen Winkel gegenüber der Wasserfläche geschossen wird; das Geschoß dringt ein wenig in das Wasser ciii und fliegt sodann nach oben heraus. Ahnliches ist der Fall beim Einschießen in feuchten Lehm oder dgl. Quantitative Messungen mit kugelförmigen Gewehrgeschnss ca und Auftreffgeschwindigkeiten von 621 bis 625 in/sec hat C. Ramsauer für Wasser durchgeführt. Zu einer theoretischen Behandlung dürften sich gerade diese Erscheinungen am einfachsten eignen. Eine befriedigende Theorie müßte ein Formelsystem liefern, mit Hilfe dessen man imstande wäre, beim Einschießen z. B. in eine Flüssigkeit von gegebenen Eigenschaften, bei gegebener Munition, gegebener Auftreffgeschwindigkeit des Geschosses und gegebener Einschußstelle und Einschußrichtung vorauszusagen, an welcher Stelle, mit welcher Geschwincligkeit und in welcher Richtung das Geschoß wieder aus der Flüssigkeit heraustritt.
. Wie reich die Ballistik an Erscheinungen ist, deren Ergebnisse für jedermann, der sie nicht schon von vornherein kannte, überraschend seia müssen, ersieht man auch aus folgendem: Schießt man mit dem 8 mm-S-Geschoß von 8go m/sec Geschwindigkeit auf kurze Entfernung von der Mündung in einen Block von Tannenholz, so erhalt man einen Schußkanal, dessen Querschnitt fast genau mit dem Querschnitt des einschlagenden Geschosses übereinstimmt, und die Tiefe und Zeit des Eindringens läßt sich ziemlich gut auf Grund der Ponc ei et-V allierschen Annahme berechnen, daß der Widerstand W dieses Holzes gleich sei:
1? st i . (a+ 1‘ v9, wo .R2 it den Geschoßquerschnitt,
i einen Formkoefflzienten der Geschoßspitze, v die jeweilige Geschoßgeschwindigkeit und a und b Materialkonstanten hedeuten, Schießt man aber mit dem gleichen Gewehr, dem gleichen Geschoß, der gleichen Auftreffgeschwindigkeit und aus der gleichen Entfernüng auf einen großen Block aus knetbarem Lehm, wobei das Geschoß in umgekehrter Stellung in die Patrone eingeladen ist, also mit dem Geschoßboden nach vorn, mit der Geschoßspitze nach hinten, so ist die Erscheinung ganz wesentlich anders man erblickt in dem Ton- block eine mächtige, nahezu haibkugelförmige Mulde, deren Offnungsfl‘dche am Einschuß das 2 5oofache von der Querschnittsfläche des auftreffenden Geschosses ist; die Ränder dieser Mulde sind nach außen aufgestülpt und bilden einen Ringwall von etwa 5 cm 1-löhe, Und nun wurde wieder auf einen solchen Tonblock mit demselben Gewehr, demselben Geschoß, derselben Auftreifgeschwindigkeit und aus derselben Entfernung geschossen, aber jetzt so, daß das Geschoß in der normalen Stellung in die Patrone eingeladen ist, also Geschoßboden nach hinten, Geschoßspitz nach vorn. Da an der Vorderseite des Tonblocks keine schützende Decke vorhanden ist (wie z. B. beim Wildkörper die kräftige Haut des Wildes), so wird man vielleicht nach dem vorhergehenden erwarten, daß wiederum eine ähnliche offene Mulde sich ausbilden werde, nur mit einem etwas kleineren Außendurchmesser, weil jetzt an dem vorderen Ende des Geschosses der Bleikern nicht freiliegt. In Wirklichkeit ist die Erscheinung von neuem völlig anders, als zu erwarten war: Man sieht ein verhältnismäßig kleines Einschufiloch von 4 cm Durchmesser und keine offene Mulde; die Ränder des Einschußlochs sind nach innen eingestülpt. Beim Durchschneiden des Tonblocks erblickt man im Innern einen großen Hohlraum. E. Thiel, der die Erscheinung zuerst feststellte, hat sie wegen der Einstülpung der Einschußränder als „ Afterwirkung“ bezeichnet. Funkenkinomatographische Aufnahmen von J. Schatte haben gezeigt, daß die Ränder des Einschußlochs anfangs stark nach außen gebogen sind und später nach innen gezogen werden.
Über die weiteren Einzelheiten, die mutmnafilichen qualitativen Erklärungen der angeführten
Erscheinungen, sowie fiber die Literatur vergleiche
man C. Cranz, Lehrbuch der Ballistik, Verlag von
J. Springer in Berlin, Band 1, 5. Auflage, r925,
§ 75 A, § 7 D, § ‘ § 78; Band II, i. Auflage,
1926, § rg, 2 c, § 24; Band III, 1927, § 4 und
§ 63, r.
(Eingegangen am 3ijuli 1927)
Fall, wenn von oben her unter einem kleinen Winkel gegenüber der Wasserfläche geschossen wird; das Geschoß dringt ein wenig in das Wasser ein und fliegt sodann nach oben heraus. Ahnliches ist der Fall beim Einschießen in feuchten Lehm oder dgl. Quantitative Messungen mit kugelförmigen Gewehrgeschossen und Auftreffgeschwindigkeiten von 621 bis 625 in/sec hat C. Ramsauer für Wasser durchgeführt. Zu einer theoretischen Behandlung dürften sich gerade diese Erscheinungen am einfachsten eignen. Eine befriedigende Theorie müßte ein Forinelsystem liefern, mit Hilfe dessen man imstande wäre, beim Einschießen z. 13. in eine Flüssigkeit von gegebenen Eigenschaften, bei gegebener Munition, gegebener Auftreffgeschwindigkeit des Geschosses und gegebener Einschußstelle und Einschußrichtung vorauszusagen, an welcher Stelle, mit weIcher Geschwindigkeit und in welcher Richtung das Geschoß wieder aus der Flüssigkeit heraustritt.
5. Wie reich die Ballistik an Erscheinungen ist, deren Ergebnisse für jedermann, der sie nicht schon von vornherein kannte, überraschend sein müssen, ersieht man auch aus folgendem: Schießt man mit dem 8 mm-S-Geschoß von Bgo m/sec Geschwindigkeit auf kurze Entfernung von der Mündung in einen Block von Tannenholz, so erhält man einen Schul3kanal, dessen Querschnitt fast genau mit dem Querschnitt des einschlagenden Geschosses übereinstimmt, und die Tiefe und Zeit des Eindringens läßt sich ziemlich gut auf Grund der Poncelet-Vallierschen Annahme berechnen, daß der Widerstand W dieses Hozes gleich sei:
i . (a + b v2), wo 1?2 mr den Geschoßquerschnitt, i einen Forxnkoefflzienten der Geschoßspitze, ii die jeweilige Geschoßgeschwindigkeit und a und b Materialkonstanten bedeuten. Schießt man aber mit dem gleichen Gewehr, dem gleichen Geschoß, der gleichen Auftreffgeschwindigkeit und aus der
gleichen Entfernung auf einen großen Block aus knetbarem Lehm, wobei das Geschoß in umgekehrter Stellung in die Patrone eingeladen ist also mit dem Geschoßboden nach vorn, mit der Geschoßspitze nach hinten, so ist die Erscheinung ganz wesentlich anders; man erblickt in dem Ton- block eine mächtige, nahezu halbkugelförmige Mulde, deren Öffnungsfihlche am Einschuß das 2500 fache von der Querschnittsfläche des auftreffenden Geschosses ist; die Ränder dieser Mulde sind nach außen aufgestülpt und bilden einen Ringwall von etwa 5 cm Höhe, Und nun wurde wieder auf einen solchen Tonblock mit demselben Gewehr, demselben Geschoß, derselben Auftreffgeschwindigkeit und aus derselben Entfernung geschossen, aber jetzt so, daß das Geschoß in der normalen Stellung in die Patrone eingeladen ist, also Geschoßboden nach hinten, Geschoßspitzö nach vorn. Da an der Vorderseite des Tonblocks keine schützende Decke
vorhanden ist (wie z. B. beim Wildkörper die kräftige Haut des Wildes), so wird man vielleicht nach dem vorhergehenden erwarten, daß wiederum eine ähnliche offene Mulde sich ausbilden werde, nur mit einem etwas kleineren Außendurchmesser, weil jetzt an dein vorderen Ende des Geschosses der Bleikern nicht freiliegt. In Wirklichkeit ist die Erscheinung von neuem völlig anders, als zu erwarten war: Man sieht ein verhältnismäßig kleines Einschußloch von 4 cm Durchmesser und keine offene Mulde; die Ränder des Einschußlochs sind nach innen eingestülpt. Beim Durchschneiden des Tonblocks erblickt man im Innern einen großen I-Iohlrauiu. E, Thiel, der die Erscheinung zuerst feststellte, hat sie wegen der Einstülpung der Einschußränder als .„Afterwirkung“ bezeichnet. Funkenkinomatographische Aufnahmen von J. Schatte haben gezeigt, daß die Ränder des Einschußlochs anfangs stark nach außen gebogen sind und später nach innen gezogen werden.
Uber die weiteren Einzelheiten, die mutmaßlichen qualitativen Erklärungen der angeführten Erscheinungen, sowie über die Literatur vergleiche man C. 0 ran z, Lehrbuch der Ballistik, Verlag von
J. Springer in Berlin, Band 1, 5. Auflage, 1925, § 75 A, § 75 13, § 77, § 78; Band II, r. Auflage, r926, § 19, 2 c, § 24; Band III, 1927, § 4 und § 6, r.
(Eingegangea am 3m. Juli 1927)
If Mrs goes out tonight & I get bored, I may translate some of the interesting bits (but nobody will be paying me 5c/word to do it :()